Seite auswählen

Der Standard empfiehlt üppige Mühlviertler Küche

Der Standard empfiehlt üppige Mühlviertler Küche

In einem gestan­de­nen Mühl­viert­ler Wirts­haus zeigt der junge Chef, was er in Lon­don und Paris gelernt hat – nur halt in rie­si­gen Por­tio­nen.

Simon Atz­mül­ler hat bei Hel­mut und Phi­lip Rachin­ger gelernt, 2 der aller­be­sten Köche des Lan­des, die sind zum Glück nicht aus der Welt und mit ihrem Mühl­tal­hof nur 20 min vom hei­mat­li­chen Wirts­haus ent­fernt. Es hat auch Vor­teile, im hin­te­ren Mühl­vier­tel zuhause zu sein. Danach ging Simon nach Lon­don und Paris, weil da halt schon noch ein­mal anders gekocht wird, kon­kret in den Clove Club von Isaac McHale und ins Saturne von Sven Chart­rier, bei­des Ver­tre­ter einer neuen Art von hoch­klas­si­ger Küche, die ganz ohne Bling und Klim­bim nach den Ster­nen zu grei­fen ver­steht.

Die ver­gan­ge­nen 2 Jahre kochte Simon im Vor­stadt­wirt von St. Veit im Mühl­kreis, Seite an Seite mit Vater Siegi, dem Chef. So in etwa wird es auch im neuen Jahr wei­ter­ge­hen, nur halt mit umge­kehr­ten Vor­zei­chen: Der Junior ist jetzt Chef. Gut 200 Essen (!) wer­den hier auch wei­ter­hin jeden Sonn­tag aus der Küche geschos­sen kom­men, am „Tic Tac Toe“-Don­ners­tag (alle paar Wochen), bei dem Simon um 39 Euro für 3 von 9 Gän­gen zeigt, dass seine Gäste sich durch­aus auch ein­mal auf Extra­va­gan­tes (sogar in klei­ne­ren Por­tio­nen) ein­las­sen wol­len, wird sich auch nix ändern. An die 80 Stück Rot­wild aus der eige­nen Jagd wer­den im Haus zer­legt und, von Beu­schel über Bur­ger bis zu rich­tig hoch­klas­si­gen Krea­tio­nen ver­ar­bei­tet, Forel­len aus eige­nem Was­ser gibt’s auch – ja, weit weg am Land sind die Wege manch­mal noch erfreu­lich kurz.

St. Paris im Mühl­kreis

Als St. Vei­ter kommt einem ein Ort wie der Vor­stadt­wirt viel­leicht nor­mal vor, im Rest der Repu­blik aber hat ein Wirts­haus wie die­ses, fest in der Region und dem Dorf ver­wur­zelt, immer voll und gastro­no­misch wie ver­ant­wor­tungs­mä­ßig auf der Höhe der Zeit, längst zu den Hüt­ten, die wirk­lich Auf­se­hen erre­gen. Apro­pos Por­ti­ons­grö­ßen: Die sind hier auf eine Art über­di­men­sio­niert, dass man als Wie­ner schon ein­mal rat­los drein­schaut, wie man das alles schaf­fen soll. Okay, bei den Vor­spei­sen noch nicht: Germ­knö­del vom Rehr­a­gout, wie es sich gehört mit Mohn bestreut, auf prei­sel­beer­fruch­ti­gem Rot­kraut­sa­lat, ist außen flau­mig, innen ker­nig, macht gleich Lust auf mehr.

Die Kro­kette vom gezupf­ten Hasen, knusp­rig, saf­tig, fast cre­mig und rich­tig gut abge­schmeckt, wird mit einem Tup­fer Quit­ten­ge­lee auf zart her­ben Lein­öler­däp­fel ange­rich­tet, gran­dios. Das Beu­schel vom gestern geschos­se­nen Hirsch ist ebenso: Hauch­fein geschnit­ten, mit Senf­kör­nen und zar­ter Frucht irr­sin­nig ani­mie­rend gewürzt. Tataki vom Rehrücken, kurz ange­grillt, kommt mit ein­ge­leg­tem Kohl­rabi und Brom­bee­ren in Ponzu zu Tisch, Him­mel ist das zart – und gut.

Dann geht’s erst rich­tig los: ein großer Salat, mit aller­hand knacki­gen Blät­tern, fri­schem Apfel, Trau­ben, Nüs­sen und im Haus gedörr­ten Fei­gen, ist mut­mas­slich die Fami­li­en­por­tion, mit köst­lich sen­fi­gem Prei­sel­beer-Dres­sing, 2 großen Stücken vom erst ofen­ge­backe­nen, dann knusp­rig panier­ten Kür­bis sowie knacki­ger Gemüse-Früh­lings­rolle (auch nicht klein), vege­ta­risch heißt hier kei­nes­wegs kalo­ri­en­arm.

Knüp­pel­dick

Crépinette vom Fasan ist dann fran­zö­sisch feine Klinge, nur halt auch genug für 2: auf einer Ladung köst­li­chem Ein­korn-Risotto, das vom Par­me­san lange Fäden zieht, liegt eine knüp­pel­dicke Rolle vom Fasan, die Brust in Farce geschla­gen, mit Wir­sing und Guan­ciale (!) umwickelt, knusp­rig und saf­tig, ganz hohe Wild­ge­flü­gel-Schule. Über die Prä­sen­ta­tion kann man strei­ten, der Geschmack, samt gran­dio­ser Pilz-Creme und aller­hand knacki­gem Gemüse, ist große Klasse. So geht es dahin, Cor­don bleu vom Hirsch­kalb wird rosa gebacken und mit Maroni, Berg­käse, Schin­ken und Ricotta gefüllt, ist natür­lich eine mon­ströse Saue­rei, lei­der geil. Den Erdäp­fel­sa­lat als Bei­lage hätte es even­tu­ell nicht gebraucht, spe­zi­ell wenn man, wie vom Neben­tisch wärm­stens emp­foh­len, auch noch die Pofe­sen von der Oma will, mit Powidl gefüllt, mit Zwetsch­ken­rö­s­ter und haus­ge­mach­tem Zimteis gar­niert.

Hinterlasse eine Antwort

Schlagworte

Neueste Videos

Wird geladen...